Großbritannien 2023 – mehr als mieses Wetter, Tee und Royal Family?
Wie ticken eigentlich die Briten? Was hat der Brexit mit ihnen gemacht? Welche Rolle spielen die Monarchie und der Nord-Irland-Konflikt eigentlich heute noch? Antworten auf diese und viele weitere Fragen haben Schülerinnen und Schüler der 11. Klassen von jemandem bekommen, der ganz nah dran ist.
Am Mittwoch, dem 18.01.23, war Sprachwissenschaftlerin Louise Carleton-Gertsch zu Gast. Die gebürtige Britin, die seit 2001 als selbstständige Sprecherin und Autorin arbeitet, gewährte uns über 90 Minuten hinweg einen Einblick in das Alltagsleben auf der anderen Seite des Kanals.
Zu Beginn beschäftigten wir uns mit den Dingen, die die Briten zu Briten machen – wie zum Beispiel dem Wetter, Teetrinken und Schlangestehen. Nachdem wir herausgefunden hatten, dass das Gesundheitssystem, die Geschichte, sogar die Royal Family und natürlich der Sport der größte Nationalstolz sind, haben wir uns mit der Geschichte des Brexits beschäftigt und erfahren, dass das Referendum 2016 nicht das erste war, sondern es bereits 1975 – also schon 2 Jahre nach Beitritt der EU – einen ersten, allerdings erfolglosen, Versuch gab.
In Verbindung mit den aus dem Brexit resultierenden Problemen setzten wir uns auch mit dem Nordirland-Konflikt auseinander. Nicht nur über das „Belfast Agreement“ von 1998, ein Friedensvertrag, der Zusammenarbeiten über die Grenze hinweg bis zum Brexit ermöglichte, sondern auch über das erst in jüngerer Vergangenheit in Kraft getretene „Northern Ireland Protocol“, welches dazu dient das Verkehren zwischen dem UK und der EU zu erleichtern, haben wir einiges Wissenswertes mit auf den Weg genommen.
Anschließend beschäftigten wir uns mit der kulturellen Diversität im UK – unter anderem auch mit dem 2018er Windrush-Skandal, einer politischen Affäre um mutmaßlich illegale Einwanderung, den bislang nur die wenigsten kannten. Nach dem 2. Weltkrieg wurden mit dem Schiff „Empire Windrush“ viele Arbeiter aus u.a. Jamaica zum Wiederaufbau ins Land geholt. Da es in Großbritannien nicht Pflicht ist, einen Personalausweis zu besitzen, war es für die Behörden schwierig, die seit Jahrzehnten im UK lebenden von den neu und teilweise illegal immigrierten Personen zu unterscheiden. Dies wurde zum Problem, als Behörden begannen, Menschen auszuweisen und Besitztümer zu beschlagnahmen. Erst nach einer Welle des Protests in der Bevölkerung, entschuldigte sich die Regierung und versprach Kompensationen.
Was auch einige von uns überraschte, war wie gesellschaftlich relevant der Black History Month auf der anderen Seite des Kanals ist, der bei uns eher eine geringe Rolle spielt. Die Londoner U-Bahn, auch Tube genannt, veröffentlichte zum Anlass eine Karte des U-Bahnnetzes, auf der die Namen der Stationen zu Namen von POC geändert worden.
Wie beliebt einzelne Mitglieder der Königsfamilie damals wie heute in den verschiedenen Generationen sind, erfuhren wir auch noch. Dass Prinzessin Diana auch rund 30 Jahre nach ihrem Tod in unserer Generation bei weitem populärer als der jetzige König Charles III. ist, überraschte wiederum die Wenigsten.
Am Ende ging es dann noch um aktuelle Probleme wie die häufig wechselnden Premierminister – seit 2016 fünf an der Zahl -, die regional bedingten Ungleichheiten, die instabile Wirtschaft und das ausgelaugte Gesundheitssystem. Der 5-Punkte Plan des aktuellen Premierministers Rishi Sunak zur Behebung einiger dieser Probleme eins der letzten Themen, dass Frau Carleton-Gertsch uns näherbrachte.
Schlussendlich bestand dann die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen. Dadurch, dass die Schüler aktiv in den Vortrag eingebunden wurden – etwa durch Nachfragen von Frau Carleton-Gertsch oder dem direkten Bezug auf „unsere Generation“ – wurde es nie langweilig. Der charismatische und leichtverständliche Redestil der Referentin ermöglichte es allen, den Ausführungen problemlos zu folgen. Wir danken dem Förderverein für die Unterstützung.
Text: Nelly Giersch, Toni Schwender
Fotos: Markus Willmitzer
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